FC Differdange 03 – AS Jeunesse Esch

[inspic=3157,right,fullscreen,thumb] Die AFC-Sympathisanten zu Besuch beim Halbfinale des luxemburgischen Pokals – in Differdange, der heimlichen Hauptstadt der Stahlträger. Und Standort eines der schönsten Stadien weit und breit.
Reisen, so sagt man, bildet, und der Fußball verbindet die Welt. Acht Stunden Zugfahrt bis Luxemburg lagen bereits hinter den Sympathisanten, als sie für die letzten 60 Kilometer nach Differdange einen Regionalexpress bestiegen. Und erregten hier sogleich die Aufmerksamkeit des Schaffners. Nicht, dass etwas an den Fahrkarten zu bemängeln gewesen wäre. Vielmehr berichtete der Bahner angesichts der Fußballfans aus dem fernen Hamburg, dass auch er früher Fußballer war, sogar Profi, wenn auch lediglich in Luxemburg, und nun eben Tickets kontrolliere. Nach seiner Runde durch den Zug setzte sich der Schaffner auf einen Plausch zu den Altonaern, bis die am kleinen Bahnhof von Differdange den Zug verließen.
Zu Fuß ging es Richtung Stadion Thilleberg, immer bergauf. Das erste, was der Besucher auf seinem Marsch vom Stadion zu sehen bekam, war eine langgezogene Backsteinmauer, getragen von einer Stahlträgerkonstruktion. Optisch kein Leckerbissen, doch konnte man schon hier erahnen, mit welchem Aufwand das Stadion 1921 in den Hang des Thilleberg gebaut worden war. Durch ein großes Tor betrat man den Kassenbereich, den ein hohes Balkendach überspannt. Von hier ging man weiter ins Stadion – und der Blick öffnete sich auf eine Sitzplatztribüne zur linken und eine spektakuläre Gegengerade zur rechten Seite des Platzes.
Die kleine Tribüne mit ihren 300 Plätzen auf Betonstufen ist mit einem Flachdach geschützt, das in Mitte von einem Gewölbe mit Mansarddach unterbrochen wird. Geradezu gemütlich wirkte die weiß gestrichene Holzkonstruktion vor dem tiefen Grün der umgebenden hügeligen Wälder. Buchstäblich wie aus einem anderen Jahrhundert entsprungen. Dazu verströmten die Banden rund ums Spielfeld den Charme des unzählige Male Überlackierten, natürlich in den Vereinsfarben des FCD 03.
Überhaupt, die Farben. Hier fügte sich die Altonaer Reisegruppe mit Zaunfahne und Schals hervorragend ins Gesamtbild, trägt doch der FC Differdange 03 wie der AFC sowohl Schwarz, Weiß als auch Rot. So fielen die Besucher zunächst gar nicht auf, als sie die steile Stehtribüne betraten, die in einen Hang gebaut wurde.
Hohe Betonstufen, dazu Wellenbrecher aus den für Differdange typischen Stahlträgern. Der „Differdinger“, so lernte man hier, ist bis heute ein Begriff in der Bauwirtschaft und bezeichnet eben jene t-förmigen Stahlträger, die bis weit ins 20. Jahrhundert vorwiegend in Differdange produziert wurden.
So saß man auf den bemoosten Stufen oder lehnte an den Handläufen, von denen die Farbe blätterte, und betrachtete mit einem luxemburgischen Bier in der Hand dieses leicht marode, doch zutiefst liebenswerte Stadion-Kleinod am Berg. Die FCD-Fans nahmen die Altonaer Gäste freundlich auf und man tauschte sich aus über den Fußball in Luxemburg und in der höchsten Spielklasse Hamburgs.
Die Tragödie dieses Halbfinales vor über 1000 Zuschauern war jedoch nicht so sehr die 1:2-Niederlage nach Verlängerung des heimischen FCD 03, die von Fans mit gewisser Gelassenheit aufgenommen wird. Esch war in einem mäßigen Spiel die bessere Mannschaft und hatte damit nicht unverdient das Finale um Coupe de Luxembourg erreicht. Auch die für manchen Sympathisanten kaum genießbare Stadionwurst – zunächst war dafür ein „Bong fir eng Grillwurscht“ zu erwerben, dann die Ware am Grill abzuholen – konnte die gute Stimmung nicht trüben.
Geradezu unbegreiflich erschien den Altonaern jedoch, dass sie mit den heutigen 120 Minuten das letzte Spiel von Differdange im beeindruckenden Stade du Thillenberg erlebt hatten. Zur Saison 2012/13 verlässt der FCD 03 die alte Arena, tauscht sie gegen eine neu erbaute Spielstätte – unten im Tal, nur einen Steinwurf entfernt von der Bahnstrecke nach Luxemburg.
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